Für das auf dem Gelände vorgefundene unterschiedliche Gebäudepotpourri hat das Architektenteam Tepe und Grützbach ein übergeordnetes, aber dennoch variabel bleibendes Nutzungskonzept entwickelt, das aufgegangen ist: Neben einem Fitness- und Wellness-Center sind im Hugo Bremer Haus ein Institut für Weiterbildung sowie eine Hebammen- und eine Physiotherapiepraxis zu finden. Als besonderes „Juwel“ des Komplexes sollte jedoch das ehemalige Fabrikgebäude - ein Ziegelbau mit einer für die damalige Zeit typischen Stahlkonstruktion - im neuen Glanz erstrahlen. Dort sollten repräsentative Büroräume der Architekten entstehen – auf rund 2/3 der Fläche von Erd- und erstem Obergeschoss. Die übrigen Flächen der beiden Geschosse nutzt eine Werbeagentur. Für die geplanten Loft-Wohnungen entwickelten die Architekten ein anspruchsvolles, zugleich geschicktes Entwurfskonzept, das zum einen die Wahrung des Bestands berücksichtigt, zum anderen aber auch modernen Komfort und außergewöhnliche Wohnqualität schafft: Als neue Struktur hinter „alten Mauern“ sind sechs Maisonette-Wohnungen mit jeweils ca. 130 m² Fläche und mit variabler Grundrissgestaltung entstanden.
Wichtige Entwurfs- und Planungsprinzipien der Sanierungs- und Umnutzungsmaßnahmen im Hugo Bremer Haus waren: Das statische Grundgefüge der alten Fabrikationshalle sollte nicht verändert werden. Das gesamte Gebäude sollte gemäß den geltenden bauphysikalischen und bautechnischen Vorschriften und Normen saniert werden. Der raumbildende Ausbau sollte flexibel bleiben. Der Charakter des Hauses sollte erhalten werden. Die gesamte haustechnische Ausstattung musste neu installiert werden.
Corporate Identity im Bestand
Die Raumwirkung des lediglich durch gusseiserne Stützen und sichtbare Stahlträger strukturierten Obergeschosses erschien den Architekten als ideal, um die eigene „architektonische Haltung“ visualisieren zu können. Sie konzipierten einen offenen Grundriss, der durch eine filigrane Stahlkonstruktion eine räumliche Grundstruktur erhält. In diese sind, je nach Nutzungsanforderung, frei stehende Wandelemente eingestellt. In Kombination mit Glas entstehen schließlich geschlossene Räume, die ein ruhiges Arbeiten ermöglichen, ohne die charakteristische Loft-Atmosphäre aufzuheben. Die Installationsführung stellt häufig ein leidvolles Übel bei Umnutzung und Sanierung dar. In Arnsberg haben die Architekten eine äußerst untypische, aber ästhetisch ansprechende Lösung entwickelt, um die über ihrer Büroetage liegenden Wohnungen mit der erforderlichen Haustechnik zu versorgen: Ein schmales, in der Mittelachse des Gebäudes angeordnetes Deckensegel, das über die gesamte Gebäudelänge reicht. Darunter verborgen hängen die unterhalb der Decke geführten haustechnischen Leitungen. Diese nstallationsführung ermöglichte zum einen eine unkomplizierte und punktgenaue Durchführung in die einzelne Wohnung, zum anderen erwies sie sich als äußerst wirtschaftlich.
Systemlösungen für authentische Raumwirkung
Die gestalterische Umsetzung der brandschutztechnischen Anforderungen an die tragende Stahlkonstruktion folgt einem behutsamen und wahrenden Umgang mit der historischen Substanz. Während die Ästhetik der gusseisernen Rundstützen erhalten und durch einen mehrfachen Feuerschutzanstrich auf F90 aufgerüstet wurde, entschieden sich die Architekten im Bereich der Deckenkonstruktion für eine effektive und wirtschaftliche Lösung: Die Stahlträger wurden mit 20 mm dicker Knauf Fireboard direkt bekleidet. Die frei stehenden sowie die zum Teil bis unter die Decke geführten Wandelemente wurden im Knauf System W112 erstellt. Die horizontale, unter der Decke geführte, Installationsebene wird durch das abgehängte Deckensegel mit integrierter Beleuchtung zum raumprägenden Element. Das Knauf System D112 wurde mit regelmäßig gelochter Platte und umlaufendem Fries ausgeführt, der aus optischen Gründen mit einer zweiten 12,5mm dicken Platte aufgedoppelt wurde. Die weit zurückgesetzte senkrechte Abschottung garantiert dabei, dass die optische Leichtigkeit der Trockenbaukonstruktion von allen Blickwinkeln aus erreicht wird.
Zeitgemäßes Wohnkonzept hinter historischen Mauern
Die bauliche Umsetzung für das geplante Wohnkonzept gestaltete sich im Vergleich zu den Sanierungsmaßnahmen im Erd- bzw. 1. Obergeschoss aufwendiger. Der Abriss des vorhandenen Satteldaches mit Dachreiter bildete die Basis, um eine effektive Ausnutzung des Gebäudevolumens erreichen zu können. Ausgehend von der bestehenden Traufhöhe und unter Berücksichtigung der bestehenden statischen Gebäudekonstruktion entwarfen die Architekten ein neues, flachgeneigtes Satteldach mit vollgedämmter Trapezblechbekleidung, dessen Firsthöhe nur unwesentlich die Ursprüngliche übertrifft. Losgelöst von der historischen Hülle – auf der Nordseite ist hinter der historischen Fassade ein Laubengang für die Erschließung der sechs Maisonette-Wohnungen angeordnet, hinter der Südfassade verbirgt sich pro Wohnung eine geschützte Terrasse – entstand eine neue Hülle. Die Breite der Wohnungen entspricht dem vorhandenen Stützenraster des Gebäudes. Diese werden auch für die Lastabtragung der neue Zwischendecken herangezogen, die als Stahl-Holzkonstruktion ausgeführt sind. Der Trockenbau erwies sich für alle gestellten Anforderungen als ideal: Kurze Bauzeiten, keine Baufeuchte sowie die Integrationsfähigkeit der Systeme für alle Anforderungen der Haustechnik. Das Knauf System W112 bildete daher im Hugo Bremer Haus die Grundlage für den geforderten hochwertigen Innenausbau im Wandbereich. Die raumseitige Bekleidung des Trapezblechdaches wurde im Knauf System D112 mit Direktabhängern ausgeführt.
Schallschutz und Brandschutz in Kombination
Größte Sorgfalt wurde auf den Konstruktionsaufbau der Wohnungstrennwände verwendet. Die Schwierigkeit bestand zum einen darin, dass an den zu integrierenden Stahlprofilen (HEB 180) im Bereich oberhalb der Zwischendecke die für die Aussteifung des Daches notwendigen IPE 140-Profile befestigt waren. Zum anderen musste eine Lösung gefunden werden, um die Wohnungstrennwand von der Zwischendecke schalltechnisch zu entkoppeln. Zur Ausführung kam das hochschalldämmende Knauf System Diva, das auch die Brandschutzanforderung F80 erfüllt. Die konstruktive Basis der
Wand bilden schallentkoppelte MWProfile, die mit KNAUF Piano zu einem Ständerprofil verbunden werden. Entsprechend dem geforderten bewerteten Schalldämmmaß wurde eine beidseitig doppelte Beplankung mit 12,5 mm dicken Knauf Piano aufgebracht. Die Fertigwanddicke im 2. Obergeschoss beträgt dabei 330 mm, im Dachgeschoss – also oberhalb der Zwischendecke – 480 mm. Um eine wirksame Schallentkoppelung erreichen zu können, wurde die 330 mm dicke Wohnungstrennwand bis an den Anschlussbereich der Dachaussteifung geführt. Die 480 mm dicke Wand schiebt sich darüber und ist im Anschlussbereich zur Zwischendecke ebenfalls entkoppelt ausgeführt.
Das Projekt beweist, welch großes Potenzial ehemalige Fabrik- und Gewerbebauten bieten – hinsichtlich der Architektur, Nutzung und sozialen Entwicklung eines städtischen Gebiets. Die Architekten nutzten dieses Potenzial kreativ aus. Durch ihren behutsamen und verantwortungsbewussten Umgang mit der historischen Substanz ist ein Gebäude entstanden, in dem zeitgemäße und individuelle Lebens- und Arbeitsgestaltung überzeugend miteinander einhergehen.